Einsatz von Portfolios im kompetenzorientierten Geschichtsunterricht

 (Checkliste basierend auf REICH: 2012)

1. Partizipation planen

 

Lehrende und Lernende sollten möglichst gemeinsam ihr Portfolio planen. Je mehr Partizipation am Anfang, desto höher fällt in der Regel das Durchhaltevermögen bei der Durchführung aus.

 

> In Bezug auf den Geschichtsunterricht kann man den Lernenden in einem ersten Schritt die Entscheidung überlassen, in welcher Form sie ihr Portfolio gestalten möchten. Möglich wären Ordner oder Mappen aber auch E-Portfolios auf OneNote oder die Gestaltung einer Website. Bis zu einem gewissen Grad sollen die Lernenden auch die Möglichkeit haben zu entscheiden, welche Arbeiten Sie in ihr Portfolio

aufnehmen.

2. Zeitraum planen

 

Der Zeitraum kann themen- oder fachbezogen sein. Günstig ist es, erst einmal mit überschaubaren Portfolios anzufangen und Erfahrungen zu sammeln. Ist die Methode bekannt, dann kann das Portfolio auch kontinuierlich geführt werden. Es ist in jedem Fall notwendig, Termine zu vereinbaren, an denen das Portfolio ausgewertet wird.

 

> Die Idee ist, das Portfolio über die ganze Ausbildungszeit führen zu lassen. Da die meisten Schülerinnen und Schüler an der WMB kaum Erfahrung mit Portfolios haben, ist es wichtig die Portfolioarbeit vor allem am Anfang enger anzuleiten. Generell wird eine Woche pro Semester für die Portfolioarbeit reserviert. Bei jedem Unterrichtsmodul wird Zeit für die Reflexion der Lernverhaltens und der Lernfortschritte einberechnet. Das Portfolio wir einmal pro Schuljahr (immer im zweiten Semester) abgegeben.

3. Ziele planen

 

Portfolios können sehr unterschiedliche Ziele verfolgen. Sie sollen jedoch immer Leistungen von Lernern dokumentieren und hierüber eine Selbstreflexion anregen. Dabei sind die Lerner eigenständig zu beteiligen, indem sie nicht nur die Arbeiten fertigen, sondern auch geeignete Arbeiten für ihr Portfolio aussuchen sollen. Eher selten ist es, dass alle gefertigten Arbeiten ins Portfolio kommen. Sinnvoll ist es meistens, jene Arbeiten auszuwählen, die einen Kompetenzzuwachs besonders zeigen können oder die exemplarisch für einen Lernzuwachs stehen. Ziel des Portfolios ist es fast immer, Leistungen zu kontrollieren, was besonders dann gelingt, wenn eine Diagnose des erreichten Standes damit verbunden ist und weitere Perspektiven einer Förderung für die Zukunft sichtbar werden. Portfolios dienen so der Leistungsbewertung und zugleich einer Verständigung über Standards beim Lernen. Als Ergebnisbericht können sie auch eine Grundlage

für spätere Bewerbungen sein.

 

> Je nach zeitlichem Umfang eines Unterrichtsmoduls gibt die Lehrperson die Vorgabe, dass eine oder zwei Arbeiten ins Portfolio aufgenommen und reflektiert werden sollen. Die Lernenden entscheiden selbst, mit welchen Arbeiten Sie ihren Lernstand aufzeigen wollen. Dieser Anspruch kann aber sowieso nur erfüllt werden, wenn die Aufgabenstellungen im Unterricht ermöglichen, individuelle

Lernprodukte zu erstellen.

4. Einzel- oder Gruppenportfolio einsetzen?

 

Meistens werden Portfolios individuell eingesetzt. Dies hat den Vorteil, differenziert auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten individueller Lerner einzugehen und diese gezielt zu fördern. Aber auch ein Gruppenportfolio ist bei Projekten oder bestimmten Themen denkbar und sinnvoll. Wenn es darum geht, ein Teamergebnis kontinuierlich über einen gewissen Zeitraum zu dokumentieren und aus den

verschiedenen Einzelleistungen des Teams zusammenzusetzen, dann könnte ein Gruppenportfolio eingesetzt werden.

 

> Über diesen langen Zeitraum von 3 Jahren machen nur individuelle Portfolios Sinn. Aber natürlich können auch die Produkte aus Gruppenarbeiten abgelegt werden, wobei es auch einmal möglich ist, dass die Gruppe den Lern- und Arbeitsprozess gemeinsam reflektiert.

 5. Einsatz und Reichweite planen

  

Portfolios sollen sonstige Lernvorgänge ergänzen und möglichst systematisch reflektieren helfen. Um dies zu erreichen, muss ein verzahnter Einsatz zu den sonstigen Lernmethoden kontinuierlich hergestellt werden. Es muss festgelegt werden, mit welchem Ziel und welcher Reichweite das Portfolio geführt wird, wann es wem präsentiert wird und wie es beurteilt werden soll. Je höher die Verbindlichkeit des Einsatzes und je größer die Reichweite der Beurteilung, desto stärker kann die Wirkung des Portfolios sein.

 

> Die Unterrichtsmodule müssen so gestalten sein, dass sie die Arbeit am Portfolio immer berücksichtigen, das heisst, dass die Aufgabenstellungen in den Unterrichtsmodule immer auch produkteorientiert sind, so dass es überhaupt die Möglichkeit gibt Arbeiten für das Portfolio auszuwählen. Das Portfolio liefert jeweils für das zweite Semester eine Note. Das Bewertungsraster muss transparent sein. Zudem bietet die WMB mit dem Gefäss «Perlen des Unterrichts» die Möglichkeit, dass ausgewählte Portfolios auch dem ganzen Schulhaus präsentiert werden. Zudem können vor allem mit sauber geführte E-Portfolios bei einer Bewerbung die eigenen Qualifikationen ins rechte Licht gerückt werden. Dabei kann das «Lernportfolio» am Schluss der Ausbildung mit übersichtlichem Aufwand auch in ein «Talent- oder Präsentationsportfolio» umgewandelt werden.

 6. Was wird gesammelt?

  

Oft werden die besten Produkte eines bestimmten Zeitraums (einer Woche, eines Themas oder Unterthemas usw.) gesammelt. Dies hat den Vorteil, dass die Lerner exemplarisch an ihren guten Ergebnissen und nicht an ihren schlechteren gemessen werden. Teilweise können auch schlechtere oder gescheiterte Ergebnisse eingefügt werden, um in einem Vergleich über Lernfortschritte zu reflektieren. Egal welche Strategie man wählt, sie muss vorher festgelegt werden! Dabei soll die geforderte Breite, Umfang und Tiefe des Portfolios geklärt werden. Hierzu ist es dann auch sinnvoll, Formblätter für die Deckblätter der einzelnen Abteilungen des Portfolios einschließlich z.B. dazugehöriger Farben zu bestimmen, damit eine gleiche Ordnungsstruktur für alle Lerner gilt. Vorher zu klären sind z.B. meistens folgende Fragen: Was soll konkret in den einzelnen Abteilungen gesammelt werden? (Beispiele vorher nennen). Was ist dabei vorgegeben und was kann frei zusätzlich gemacht werden? Wieviel Eigeninitiative zusätzlich ist erwünscht? Was sind Grundforderungen und wo gibt es Alternativen? Was kann während des Prozesses ggf. noch verändert werden? Nach welchen Kriterien wird beurteilt? Können die Lerner untereinander sich auch beurteilen?

 

> Die Lehrperson gibt vor wie viele Produkte aus den jeweiligen Unterrichtsmodulen für das Portfolio aufbereitet und reflektiert werden müssen. Ob es gelungene oder nicht gelungene Arbeiten sind, ist den Lernenden freigestellt. Bieten doch «misslungene» Arbeiten ein besonderes Potenzial bei der Reflexion. Entscheidend ist natürlich, dass die Qualität der Produkte nicht in die Bewertung mit einfliessen darf (siehe Bewertungsraster). Eigeninitiative soll honoriert werden, soll aber nicht den Standard für die ganze Klasse definieren. Für die Reflexion werden den Lernenden vorstrukturierte Bögen vorbereitet und das Bewertungsraster wird zu Beginn der Klasse präsentiert und mit Ihnen diskutiert.

 7. Wie wird reflektiert?

  

Im Portfolio soll immer eine schriftliche Reflexion erfolgen. Diese sollte nicht einfach beschreibend sein und bloß die vorgelegten Ergebnisse kommentieren, sondern den Lernprozess selbst beobachtend reflektieren. Dazu sind Fragestellungen geeignet, die darauf gerichtet sind, die Auswahl der Gegenstände im Portfolio zu begründen, das Verhältnis von eingebrachten Leistungen und Leistungsveränderungen zu diskutieren, eingesetzte Lernmethoden und ihre Effektivität für den Lerner zu beschreiben, Erkenntnisgewinne und offen gebliebene Fragen zu bezeichnen, Wünsche und Imaginationen im Blick auf einzelne Aspekte zu thematisieren usw. Solche Fragen müssen vorher entwickelt und dem Portfolio als Leitfragen oder jeweilige Deckblätter für einzelne Ordnerteile beigegeben werden. Hier kann es auch sinnvoll sein, Selbstevaluationsfragebögen nach längeren Etappen als Zwischenreflexion in das Portfolio mit einzubauen. Auch wenn die Reflexion in der Regel individuell erfolgen soll, so kann sie durch Lerngruppen oder Lernpartnerschaften vorbereitet sein, um dem Lerner in vorausgehenden Gesprächen zu helfen, seine Reflexion auf sich zu vertiefen.

 

> Die Reflexion soll im Geschichtsunterricht in zwei Phasen geschehen. Jedes abgelegte Produkt wird anhand eines vorbereiteten Fragerasters evaluiert. Hier sollen gezielte Fragestellungen helfen auch den Arbeitsprozess zu reflektieren. Die Möglichkeit Produkte und Lern- oder Arbeitsverhalten auch in Gruppen zu reflektieren soll genutzt werden, so dass die Lernenden auch eine Rückmeldung darüber erhalten, wie gut sie ihre Qualitäten in Gruppenarbeiten einbringen können. Immer am Ende eines Semesters sollen die Lernenden in einer «Portfoliowerkstatt» eine ausführlichere Selbstevaluation vornehmen, in der Sie das Lernfortschritte und das Arbeitsverhalten des letzten Halbjahres reflektieren. Dies geschieht auf Basis eines zweiten vorbereiteten Dokumentes.

 8. Welche Hilfe gibt es?

 

Es sollte schriftliche Anleitungen geben, eine Sammlung von Form- und Deckblättern, einen genauen Zeitplan, wobei diese Aspekte gemeinsam zu diskutieren und zu bestimmen sind. Zusätzlich wird ein Plan für Gespräche zwischen Lehrenden und Lernenden und eine Möglichkeit für Besprechungs-gruppen der Lerner untereinander benötigt.

 

> Der Jahresplan wird den Lernenden am Anfang des Schuljahres in gedruckter Form abgegeben. Darauf ist ersichtlich, wann die «Portfoliowerkstatt» stattfindet, wann das Portfolio abgegeben werden soll und wann die Gespräche stattfinden. Bewertungsraster und Selbstevaluationsbögen sind für die Lernenden immer zugänglich.

 9. Wie wird ausgewertet?

 

Vorbereitend zur Auswertung muss gemeinsam mit den Lernern festgelegt werden, nach welchen Kriterien das Portfolio ausgewertet wird. Dabei erweisen sich qualitative Bewertungen mit konkreten Ziel- und Fördergesprächen als sinnvoller als bloße Notenvergaben. Allerdings muss immer sichergestellt sein, dass die Verbindlichkeit des Portfolios für alle gilt und dass dieses mitbestimmend für das Erreichen des Ausbildungszieles ist. Eine solche Bestimmung sollte jedoch nicht bloß mit Noten als erreichbar angesehen werden. Ziel- und Fördergespräche, die konkrete Maßnahmen als Reaktion auf erbrachte Leistungen festlegen, können bei entsprechender Kontrolle und Konsequenz von Maßnahmen bei Nichteinhaltung meist sehr viel wirksamer für die Förderung sein als eine bloße Notenvergabe.

 

Grundsätzlich nehmen die Lehrenden/Ausbildenden bei jedem Portfolio nach einer vereinbarten Zeit eine Bewertung vor. Diese wird nach den festgelegten Kriterien in einem ausführlichen Gespräch zurückgemeldet. Hier ist durchgängig nicht nur etwas zu fordern, sondern stets auch zu fördern.

 

Abschließend sollten die Portfolios weiterverwendet werden. Sie können Ausgangspunkt z.B. mündlicher Prüfungen sein. Sie lassen sich auch zur gegenseitigen Information für alle Lerner einsetzen oder auch veröffentlichen (z.B. im Internet).

 

> Auf jeden Fall soll die Arbeit am Portfolio die angemessene Wertschätzung erhalten. Einmal pro Schuljahr wird mit allen Lernenden in einem Gespräch die Arbeit am Portfolio evaluiert und der Lernstand diskutiert. Daneben sollen die Lernenden auch während des Semestern in Ihrer Arbeit unterstützt werden und erhalten, falls nötig, bereits Rückmeldungen (z.B. Portfoliowerksatt). In einer Unterrichtskultur, wie Sie an Mittelschule wie der WMB gepflegt wird, findet die Wertschätzung immer auch über die Noten Ihren Ausdruck. Es ist deshalb naheliegend, dass die Portfolioarbeit nach dem konstruktiven Gespräch auch in einer Note mündet, die aber im besten Fall durch das Gespräch im gegenseitigen Einverständnis gesetzt wird.

 10. Was kann später verbessert werden?

 

Eine Möglichkeit zur Überarbeitung nach einer ersten Bewertung kann die Wirksamkeit des Portfolios erhöhen. Der Lerner kann dadurch dokumentieren, dass er Fortschritte nach der Bewertung und dem gemeinsamen Gespräch gemacht hat. Dies ist insbesondere bei einem kontinuierlich geführten Portfolio sinnvoll. Hier muss allerdings darauf geachtet werden, dass der Arbeitsaufwand im Blick auf andere Lernvorgaben realistisch bleibt, denn das Portfolio sollte nicht zur unendlichen Verbesserungsarbeit werden.

 

> Rein organisatorisch und bedingt durch den zeitlichen Aufwand der daraus folgt, wird dies den Lernenden nicht unmittelbar ermöglicht. Vorgenommene Verbesserungen werden automatisch im nächsten Schuljahr honoriert. Die Möglichkeit zur Überarbeitung wird aber bei anderen bewerteten Produkten gegeben.

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